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Fivty Shades of Grey

Fifty Shades of Grey – das ist nicht nur der Name einer bekannten erotischen Roman-Triologie. Es könnte ebenso gut der alternative Name des deutlich weniger erotischen Monats November sein: Regengrau, Nebelgrau, Sturmgrau, Kahle-Bäume-Grau, Pfützengrau... . Die Reihe ließe sich endlos fortsetzen.

Jetzt, am Ende des Monats, wächst mit jedem Tag die Sehnsucht nach den Lichtern des Advents, die das Novembergrau durchbrechen. In diesen letzten Novembertagen kommt mir eine wahre Geschichte in den Sinn:

Im Mai 1955 sollte in Bangkok eine riesige Buddha-Statue einen Umzug antreten. Die Statue war aus Lehm geformt, wohl einige Jahrhunderte alt und niemand wusste mehr so recht, woher sie eigentlich gekommen war. Der Tempel, in dem sie stand, war nicht besonders bedeutend und so stand die gewaltige Statue gut zwanzig Jahren lang im Freien – geschützt nur durch ein provisorisches Blechdach.

 

Nun sollte der Buddha endlich in ein richtiges Haus umziehen. Doch unter dem Gewicht gaben einige der Transport-Seile nach, die Statue geriet ins Wanken und schlug unsanft auf dem Boden auf. Eilig liefen einige Mönche herbei, um den Schaden zu begutachten. Tatsächlich, im Körper des Buddha zeigten sich tiefe Risse. Doch wie sehr staunten die Mönche, als ihnen durch die Risse im Lehm hindurch pures Gold entgegen leuchtete. Vorsichtig begannen sie den Lehm zu entfernen. Zum Vorschein kam ein Buddha, der ganz und gar aus solidem Gold gefertigt war. Nachforschungen ergaben, dass die Statue einige hundert Jahre zuvor mit Lehm und Gips umhüllt worden war, um sie vor ausländischen Invasoren zu schützen. Die Mönche, die das schützende Werk ausgeführt hatten, kamen bei der Invasion ums Leben und so geriet der kostbare Kern der Statue in Vergessenheit.

 

Auch wir vergessen oft, dass wir (und alle anderen Menschen) einen kostbaren, unzerstörbaren Kern in uns tragen. Die meisten von uns lernen früh, an diesem goldenen Kern zu zweifeln. Kritik, Leistungsdruck, Erfahrungen von Entwertung, Mobbing oder gar Gewalt lassen uns schnell glauben, dass wir nicht mehr sind als novembergraue Mäuse oder noch schlimmer, der sprichwörtlich „letzte Dreck“. Und mit der Zeit wird der goldene, lichtvolle Kern unseres Selbst begraben unter einer Schicht von Angst und Unsicherheit, die sich dann auch gegen andere richtet. 

Wenn dann da draußen um mich herum nichts anderes ist als die Fifty Shades of Grey des Novembers, dann fällt es mir schwer zu glauben, dass da mehr ist, als die unscheinbare Lehmschicht. Dass es da einen goldenen Kern gibt, in mir selbst, in den Menschen, die mir begegnen, in der Welt da draußen mit ihren Kriegen und all ihrem unversöhnlichen Hass.

Dann brauche ich den goldenen Schimmer, den der Advent mit sich bringt. Der Gottessohn, dessen Ankunft wir feiern, erinnert mich daran, dass nicht nur er, sondern auch ich ein Kind Gottes bin. Unter der Lehmschicht von Angst und Unsicherheit liegt das funkelnde Ebenbild Gottes. Vielleicht über Jahre verborgen und vergessen wie der Goldene Buddha aus Bangkok, aber doch unzerstörbar.

Ich wünsch dir, dass es dem Licht des Advents gelingt, deine persönlichen fünfzig Schattierungen von Novembergrau zu durchbrechen.

Vielleicht kann mein gerade erschienenes Buch "Anderszeiten. Eine Pilgerreise durch das keltische Jahr" dabei helfen. Eine meiner Lieblingsgeschichten darin ist die Erzählung von Mìs, die den goldenen Faden ihres Selbst verliert und wiederfindet.

Eine lichtvolle Adventszeit wünscht dir

Claudia

 

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