Heute, am 1. Februar 2024, wird in Irland an den 1500 Todestag einer ungewöhnlichen Frau erinnert: Brigida bzw. Brigid von Kildare. Ob der Todestag der irischen Heiligen tatsächlich auf den 1. Februar fiel oder ob dies eher Legendenbildung ist, weiß wohl niemand so genau. Zufall ist es auf jeden Fall nicht. Denn auf den 1. Februar fällt das keltische Frühlingsfest Imbolc, das der gleichnamigen keltischen Göttin Brigid gewidmet ist. Wir wissen nicht viel über diese Göttin, doch in der irischen Tradition ist sie verbunden mit den Künsten der Heilung, der Poesie und des Schmiedens. Unter Historikern gibt es die These, dass die Heilige Brigid ursprünglich als oberste Priesterin am Tempel der Göttin Brigid in Kildare wirkte und dort das Heilige Feuer der Göttin hütete. Dort fanden sie und einige andere Priesterinnen zum Glauben an Jesus Christus und aus dem Tempel wurde ein Kloster, in dem das Heilige Feuer weiterhin brannte.
Auch wenn es wenig gesichertes Wissen über Brigid gibt, war und ist sie noch immer eine Frau, die für Übergänge und Schwellenzeiten steht. Für die Schwelle zwischen Winter und Frühling, zwischen paganer Mythologie und christlicher Spiritualität und für den behutsamen Übergang zwischen Altem und Neuem.
Viele Legenden ließen sich über Brigid erzählen. Legenden, die von Wahrheiten wissen, die über die Realität historischer Tatsachen weit hinaus reichen. Legenden, die von ihrer Verbundenheit mit der Natur, ihre Fürsorge für die Ärmsten und ihren unermüdlichen Einsatz für den Frieden erzählen. Eine dieser Legenden habe ich in meinem Buch "Anderszeiten - eine Pilgerreise durch das keltische Jahr" nacherzählt.
Eine der alten Überlieferungen sagt, dass Brigid und die späteren Äbtissinnen von Kildare als Frauen bekannt waren, die „die Ströme des Krieges umkehren konnten“. Als junges Mädchen habe sie – so wird erzählt – das mit Juwelen besetzte Kriegsschwert ihres Vaters an einen Bettler verschenkt, so dass dieser davon seine Familie ernähren konnte. Darüber war ihr Vater wenig begeistert und brachte sie vor den König des Landes. Dort machte er seinem Ärger Luft mit den Worten: „Sie tut Dinge ohne um Erlaubnis zu fragen.“
Ich weiß nicht, was Brigid tun würde, ohne um Erlaubnis zu fragen, wenn sie heute unter uns leben würde. Vielleicht wäre sie eine der starken jungen Frauen bei „Fridays for Future“ oder der „Letzten Generation“. Vielleicht wäre sie auch an Bord eines Schiffes, das Flüchtlinge aus dem Mittelmeer rettet. In jedem Fall erinnert sie uns auch heute – 1500 Jahre nach ihrem Tod - noch daran, dass eine Haltung des Mitleidens mit den Geschöpfen dieser Erde keine Erlaubnis braucht, um das Not-wendende zu tun.
Brigids Symbol ist das Saint Brigid’s Cross, das in Irland traditionell am 1. Februars aus Binsen geflochten wird. In diesem Jahr war es nicht so leicht, Binsen zu finden, da wo ich wohne. Viele Bäche, an deren Ufern Binsen wachsen, waren in den letzten Wochen überflutet und die Ufer beschädigt. Ein paar Halme habe ich trotzdem gepflückt. Sie warten nun darauf, zu einem Kreuz geflochten zu werden. Das Kreuz wird seinen Platz über meiner Haustür finden, verbunden mit einem Segen:
Möge Brigid das Haus segnen, das du bewohnst.
Segne jede Feuerstelle, jede Mauer und Tür,
segne jedes Herz, das unter seinem Dach schlägt,
segne jede Hand, die sich müht, um ihm Freude zu bringen,
segne jeden Fuß, der durch seine Tür wandelt.
Möge Brigid das Haus segnen, das dich schützt.
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